Mittwoch, 21. Juli 2010

Grosse und Kleine


 Ausgangsgedanken zu einem Skulpturenprojekt an einem öffentlichen Gebäude

Der Mensch beginnt klein und er strebt dann sein Leben lang nach Grösse, im Uebertragenen wie im Wortsinn.
Ist er dann gross, wird er Mutter, Vater, Onkel oder Tante und später Grossmutter oder Grossvater und erfreut sich an den Kleinen.
Froh, erwachsen zu sein, vermisst man doch manchmal die
Unschuld und  Unbeschwertheit der Kindheit.

Die Kleinen geben den Grossen Gewicht durch Verantwortung, aber auch Zuversicht in die Zukunft, die sie darstellen.

Der Blick des Kindes ist vorwärtsgerichtet, alles liegt noch vor ihm. Der alte Mensch hingegen richtet seine Aufmerksamkeit zum
Vergangenen, da die Zukunft an Verheissungen ärmer ist.
Dieser Blick zurück bietet aber auch Gelegenheit, Erlebtes
auszuwerten und weiterzugeben.

Im Idealfall ist der alte Mensch dem Kinde ein Fundus an
erfahrenem Wissen, das dieses mit Lebensfreude und  Hoffnung
auf Zukunft entgeltet.

Bär

Donnerstag, 15. Juli 2010

Die Geschwindigkeit des Lebens



Monotone, sich endlos wiederholende Rhythmen und Wortfetzen - wie eine Schallplatte mit Sprung - federn durch die Sitzkissen des Pub's.
Der Fernseher flimmert mit dem Spielautomaten um die Wette und die Musik fräst an der einen Rille herum - und doch geschieht nichts - die Zeit ruht - die Geschwindigkeit des Lebens ist zum Stillstand gekommen.

Eine Aura der Sonderbarkeit breitet sich aus. Die Leute an der Bar bewegen sich in einer komplizierten Inszenierung - und in Zwischenräumen lauert Bedeutung. Ein Blick schiesst durch den Raum, trifft ein anderes Augenpaar und endet als vielfacher Querschläger im Reich der Hormone.

Glas zerbricht und einer schreit "Tooor" und die Zeit bewegt sich ein Stück zur Seite.
Und weiter leuchtet die runde, geduldige Lampe über dem Billardtisch und träumt im zeitlosen Augenblick von rollenden Kugeln.

Das Bierglas verliert einen Teil seines Inhalts. Ha - Glas in weiblicher Form für männliche Greif- und Saugtriebe - Prost!

Irgendwann sind Leute gekommen und haben der Zeit einen Stoss gegeben.

Na denn....



2005 / Bär

Montag, 5. Juli 2010

Der Tanz auf dem Pfad zum Leben


Geboren aus Enttäuschung und Liebesentzug
entwickelte sich Klugheit und Raffinesse.
Strategien zum Erreichen fremdbestimmter
Selbstakzeptanz entstanden. Ein Netz
hilfreicher Menschen flocht sich und gab
Schutz vor den aus ihren Gräbern drängenden
schwarzen Dämonen. Das Leben war
zurechtgelegt und floss einher.

Und doch - das Herz blieb leer...
Einzig die Hingabe an das Universum der Schwingungen im Tanz liess manchmal das Licht des allumfassenden Lebens aufgleissen.

Eine neue Suche begann - und führte zum Finden. Es fanden sich Verbündete ein, neues Leben hinter den Oberflächen erschien und Kraft zum Standhalten gegen die Dämonen entstand.
Die Dämonen entschwanden nach und nach und die Energien flossen vom Ego ins Herz.

Neue, unermessliche Welten taten sich auf und das ewige Pulsieren des Wandels wurde zum Fluss für das Lebensschiffchen auf neuem Kurs.
Weiter geht's nun sich immer ändernden Zielen entgegen in alle Richtungen gleichzeitig.

Bär
(schamanisches Poem)

Haus und Stadt

Haus und Stadt
        inspiriert von Khalil Gibran

Khalil Gibran spricht davon, in der Vorstellung eine Laube in der Wildnis zu bauen, bevor man ein Haus in der Stadt errichtet. Er möchte auch die Häuser der Stadt wie ein Sämann über Wald und Wiese verstreuen.

Es hat mir Freiheit zu tun und mit Erdverbundenheit.
Mit Angst auch, die aus der Entwurzelung entsteht.
Stadtmauern schützen die Herde, doch sie trennen sie auch von den Feldern. Und schützen wovor?
Khalil Gibran spricht dann auch von der Behaglichkeit und unserer Gier danach.

Mir fällt es wie Schuppen von den Augen - die Behaglichkeit ist die Schwester der Bequemlichkeit und beide morden sie die Leidenschaft der Seele, wie Gibran sagt.
Es steckt so unglaublich viel in diesem Bild, es lassen sich Fäden zu allen Schatten des Menschen spinnen.
Die Mutter dieser beiden Schwestern ist die Angst.
Die Angst hat in gewissen gefährlichen Situationen sehr wohl schützende Funktion. Im sicheren Alltag jedoch ist sie Anker und Fessel die den natürlichen Fluss des Lebens hemmt.
Und wo der Fluss des Lebens zum Stehen kommt, wird er zum brackigen Tümpel der Krankheiten, der natürlich auch von Leben wimmelt. Doch es sind die Wesen der Transformation, des Vergehens und Werdens, die dort hausen.
Der glitzernde Fisch des vollen Lebens jedoch benötigt den belebenden Fluss des Stromes.

Die Stadt, erbaut um gegenseitigen Schutz zu suchen, engt uns ein. Sie besteht aus Grenzen und Mauern - auch gegenüber unseren Nachbarn. Und da die Wege der Menschen unterschiedlich sind, benötigen wir auch Mauern und Gesetze in unserem Verhalten, damit wir bei dem engen Zusammenleben einander nicht hemmen und schaden.

Wir brauchen jedoch Raum, um unsere Flügel der Freiheit ausbreiten zu können. Für unsere Sehnsucht der Seele sind die Gassen der Stadt zu eng. Ihre Wohnstatt ist der Palast des freien Himmels wie Khalil Gibran in seinem wundervollen Schlussbild zeigt.

Barlok Barbosa // Juni 2010